20.07.2016 // Allgemeine News

Chinesische Medizin

Tradition auf dem Prüfstand

Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) gibt es zwar schon seit Urzeiten, aber sie ist nach wie vor umrankt von Mythen und Geheimnisvollem. Den Begriff Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) verbinden viele Menschen automatisch mit verlorengegangenen alten Schriften, Aberglauben, Scharlatanerie und Suggestion. Solche Assoziationen entsprechen aber nicht der Realität. TCM ist ein ganzheitlicher Ansatz zur Förderung von Gesundheit und Wohlergehen durch den Einsatz verschiedenster Mittel, von Heilkräutern bis zu schmerzlindernder Akupunktur. Der Prophylaxe wird im Rahmen der TCM genauso viel Bedeutung beigemessen wie der Behandlung, wenn nicht mehr.

TCM entstand im chinesischen Altertum und verfügt über Tausende von Jahren klinischer Erfahrung und theoretischer und technischer Weiterentwicklung, die in einer Fülle von klassischen Texten systematisch dokumentiert worden sind. Beispiele dafür sind der «Innere Klassiker des Gelben Fürsten» (Huangdi Neijing) oder das «Compendium of Materia Medica» (Bencao Gangmu). Heute stellen viele Unternehmen sowohl in China als auch in vielen westlichen Ländern fest, dass TCM auch ein sehr rentables Geschäft ist.

Normen führen zu einer Konsolidierung der wissenschaftlichen Grundlage und der klinischen Praxis der TCM und ermöglichen somit die Eingliederung der TCM in die Medizin der Zukunft. In gewissen Ländern bestehen bereits Normen, Prozesse und Bestimmungen für TCM-Praktiker und -Produkte, in vielen anderen noch nicht. Die Branche ist noch weit gehend fragmentiert.

Angesicht dieser Situation ist die Gewährleistung der Qualität, der Sicherheit und der Wirksamkeit dieser traditionellen Praktiken und Produkte aus der Sicht des mit der sorgfältigen Erarbeitung Internationaler Normen für die TCM-Branche befassten ISO/TC 249 umso wichtiger.

Die Hauptaufgabe des Komitees besteht darin, Normen für Rohstoffe und Produkte, Qualität und Sicherheit von Medizinprodukten sowie Information und Terminologie im Bereich der TCM und damit zusammenhängender Dienstleistungen zu erarbeiten. In den vergangenen zwei Jahren sind die fünf folgenden Internationalen Normen veröffentlicht worden:


Wenn man bedenkt, dass aktuell 30 Projekte in Bearbeitung sind und 12 neue Normenvorlagen auf dem Tisch liegen, so ist zu erwarten, dass das Komitee in den kommenden Jahren grosse Fortschritte erzielen wird.

Heute beteiligen sich 20 Länder an der Arbeit des ISO/TC 249; weitere 16 Akteure verfügen über Beobachterstatus, darunter die drei Partnerinstitutionen Weltgesundheitsorganisation (WHO), World Federation of Acupuncture-Moxibustion Societies (WFAS) und World Federation of Chinese Medicine Societies (WFCMS).

Das Komitee habe sich sehr bemüht, enger mit anderen internationalen Organisationen zusammenzuarbeiten, erklärt Yuandong Shen, der Präsident von Shanghai TCM Doctors Associate und Sekretär des ISO/TC 249. «Wir sind der Überzeugung, dass die Zusammenarbeit mit den entsprechenden Organisationen für alle Beteiligten im Bereich der TCM Vorteile bringen wird und wir auf diese Weise Ressourcen gemeinsam nutzen können.»

Die WHO hat unlängst ihre Strategie 2014-2023 für den Bereich der traditionellen Medizin veröffentlicht. Das Strategiepapier ist darauf ausgerichtet, die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, proaktiv Leitplanken vorzugeben und Massnahmenpläne umzusetzen, mit denen die Rolle der traditionellen Medizin im allgemeinen Gesundheitswesen gestärkt werden soll. Die Strategie baut auf dem auf, was die WHO in den vergangenen zehn Jahren auf dem Gebiet der Erforschung und strategischen Strukturierung der Zukunft der traditionellen Medizin auf der ganzen Welt getan hat.

Im Rahmen der weltweiten Ausdehnung der TCM konzentrieren sich Staaten, Branchenfachleute und Unternehmen aus aller Welt in ihren Bemühungen darauf, TCM wissenschaftlicher, sicherer und wirksamer zu nutzen.

Gemäss David Graham war der Bedarf an TCM-Normen im Markt noch nie so gross wie heute: «Im Umfeld von Handelsabkommen zwischen Ländern und Regionen kommt Internationalen Normen eine immer grössere Bedeutung zu. Internationale Normen tragen zur Harmonisierung der Anforderungen und damit zur Beseitigung von Handelshemmnissen bei. Sie erleichtern die Definition einer akzeptablen Leistung und stellen für Länder und andere Nutzer ein Hilfsmittel dar.»

Mittels Internationaler Normen könne das Wachstum des TCM-Handels und der gesamten Branche gesteigert werden, erklärt Frau Dr. Sun-mi Choi, Professorin am koreanischen Institut für orientalische Medizin und Convenor einer der vielen Arbeitsgruppen des ISO/TC 249. «Es geht darum, die Sicherheit und die Qualität von Rohstoffen, Produkten und medizinischen Geräten, die im Bereich der TCM eingesetzt werden, zu gewährleisten», meint Sun-mi Choi. «Ein Normenrahmen ist nicht nur von Vorteil für die Patienten, sondern fördert auch den Erfolg der gesamten Branche.»

Yuandong Shen meint, das Fehlen weltweiter Regulierung der TCM-Praxis in der Pharmabranche sei zum Hindernis für internationalen Handel und Qualitäts- und Sicherheitskontrollen vor Ort geworden.

«Die in Erarbeitung befindlichen Internationalen Normen werden als fachliche Grundlage für staatliche Regulierung, Marktaufsicht, Branchenmanagement und die Bereitstellung qualitativ hochstehender und effizienter öffentlicher Dienstleistungen dienen und damit insgesamt ein solides Fundament für ein höheres Dienstleistungsniveau und einen besseren Gesundheitsschutz bilden.»

Was ist also der eigentliche Nutzen der Normen? Vereinfacht ausgedrückt beeinflussen TCM-Normen die klinische Praxis, die Produkte und die Geräte auf dem Gebiet der TCM in Bezug auf die technische Entwicklung, die Beschaffung der Rohstoffe, die Verarbeitung, die Produktion, den Verkauf, den Kundendienst und die Selbstbewirtschaftung der Branche.

Letztlich gibt es keine Patentlösung für alle Probleme. Gefragt ist vielmehr ein ausgewogener Ansatz zur Schaffung einer stabilen Grundlage für die Volksgesundheit. Die TCM ist ein ganzheitliches System, das Patienten in jeder Lebenslage und zu jeder Zeit zur Verfügung steht. Die chinesische Medizin kann zudem auch zur Krankheitsprävention, zur Optimierung des Gesundheitszustandes und zur Verbesserung unseres Wohlergehens beitragen.

Glauben Sie wirklich, die chinesische Medizin hätte über einen Zeitraum von mehr als 3‘000 Jahren überlebt und sich auf der ganzen Welt ausgebreitet, wenn sie kein wirksamer und ganzheitlicher Heilansatz wäre?

Welche Ansicht man auch immer vertreten oder wie skeptisch man auch sein mag, Normen für das Gesundheitswesen, die Sicherheit und den Handel waren noch nie so notwendig wie heute. Der Weg hin zu einem TCM-Normenwerk mag lang und steinig sein, aber es ist der Weg, den alle Beteiligten als den richtigen ansehen. Was letztlich herauskommt, wird mit einem chinesischen Medikamentenschrank aus dem 16. Jahrhundert herzlich wenig zu tun haben, aber die Vorteile werden für Aufsichtsbehörden, Wissenschaftler, Ärzte, die TCM-Branche insgesamt und natürlich für Patienten auf der ganzen Welt viel leichter zu schlucken sein.

Quelle: ISOfocus, 2016

Ihre Ansprechpartnerin für weitere Informationen:
Helena Meister, , Tel: +41 52 224 54 17

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