29.11.2021 // Allgemeine News

Gibt es bald ISO-Normen für Menstruationsprodukte?

von Lea Leibundgut

Die Menstruation ist ein natürlicher Vorgang, der die Hälfte der Weltbevölkerung betrifft. Trotzdem wurden viele Frauen in vielen Teilen der Welt und durch alle Zeitperioden hindurch, aufgrund ihrer Menstruation beschämt und teilweise von der Gesellschaft ausgestossen. Das Thema wird bis heute stark tabuisiert, was sich unter anderem auch in der Normungswelt zeigt. Denn es gibt praktisch keine internationalen Normen mit minimalen Anforderungen an Menstruationsprodukte. Das ISO-Normenkomitee für Konsumentenanliegen will das ändern und schlägt deshalb die Gründung eines technischen Komitees mit dem Titel «Menstruationsprodukte» vor. In diesem Normenkomitee würden ISO-Normen entstehen, welche verschiedene Aspekte rund um das Thema Menstruationsprodukte adressieren.

Fehlende international anerkannte Normen
Die Menstruation dauert durchschnittlich zwischen drei und sieben Tage pro Monat. Über einen Zeitraum von ungefähr 40 Jahren entspricht dies rund 2’400 Tagen im Leben. Um von der Menstruation im Alltag nicht eingeschränkt zu sein, werden Hygieneprodukte wie Binden, Tampons, Menstruationstassen und Menstruationsunterwäsche benutzt. Bei den Einwegartikeln ergibt das einen ungefähren Verbrauch von 12’000 bis 15’000 Binden, Tampons und Slipeinlagen im Leben einer Menstruierenden. Menstruationsprodukte werden am oder im Körper verwendet. Dabei ist der Zugang zu solchen Produkten nicht überall gewährleistet, besonders in Entwicklungsländern aber auch in westlichen Industrienationen. So hat beispielsweise jede zehnte Menstruierende im Vereinigten Königreich keinen Zugang zu entsprechenden Hygieneartikeln. Während die meisten anderen Produkte, die für den intimen Gebrauch bestimmt sind, wie Inkontinenzprodukte, Kondome, Pflaster und Wundauflagen, streng reguliert, getestet und überwacht werden, gibt es wenig Vorschriften oder Normen, welche die Sicherheit, die Inhaltsstoffe und die physikalischen Eigenschaften von Menstruationsprodukten gewährleisten. Dies kann, neben dem Tabu, dass die Menstruation auch heutzutage noch umgibt, auch an der Tatsache liegen, dass noch immer wenig Normenschreibende weiblich sind.

Was wird genormt?
Sofern der Vorschlag zur Gründung dieses neuen Komitees angenommen wird, soll sich die erste Norm auf allgemeine Sicherheits-, Leistungs- und Gesundheitsanforderungen aus der Sicht der Benutzerin konzentrieren. Im Anschluss daran können weitere Aspekte, wie Umweltaspekte, Entsorgung und Herstellung behandelt werden. Aktuell ist geplant, dass alle hergestellten Menstruationsprodukte, die zum Auffangen oder Absorbieren von Menstruationsblut während des Menstruationszyklus bestimmt sind, im Normenkomitee behandelt werden. Dazu gehören Binden, Tampons, Menstruationstassen, Slipeinlagen und ähnliche Produkte.

Was können Normen zu Menstruationsprodukten für Konsumentinnen leisten?
Ein grosses Problem ist der Mangel an Informationen über den Zusammenhang zwischen vaginaler Gesundheit und der Verwendung von Menstruationsprodukten, da nur wenige Tests und Forschungsarbeiten von Dritten durchgeführt werden. Die Erstellung von internationalen Normen könnte der Forschung einen Schub verleihen und das bereits vorhandene Wissen bündeln. Die Vaginalschleimhäute sind viel aufnahmefähiger und daher empfindlicher als die traditionell getesteten Expositionswege wie Atemwege, Haut und orale Aufnahme. Daher ist es eher ungewöhnlich, wenn für solche Produkte, keine einheitlichen Testmethoden und Grenzwerte für Chemikalien in Normen niedergeschrieben sind. Darüber hinaus müssen einige der bestehenden Industriestandards aktualisiert werden, wie zum Beispiel die Bezeichnungen für das Absorptionsvermögen von «Mini», «Normal/Regular» und «Super/Super Plus». Diese Bezeichnungen verhindern tendenziell die richtige Verwendung von Tampons. Eine Kennzeichnung, die dazu anregt, Tampons in verschiedenen Grössen zu verwenden, je nach Stärke der Blutung, wäre vorteilhafter. Die falsche Verwendung von Tampons kann zu Problemen, wie Hefepilzinfektionen, führen, da ein nicht auf die Blutung abgestimmter Tampon die Schleimhäute austrocknen und ein bakterielles Ungleichgewicht verursachen kann. Der Mehrwert der Normung von Menstruationsprodukten liegt für Verbraucherinnen darin, dass sie besser in der Lage sind, die Sicherheit, Leistung und Zweckmässigkeit der Produkte zu beurteilen. Dies erleichtert das Vergleichen von verschiedenen Produkten und das für die eigenen Bedürfnisse am besten geeignete Produkt auszuwählen.

Gesetzliche Regulierung in der Schweiz
In der Schweiz gelten Menstruationsprodukte als Hygieneartikel und fallen als solche unter das Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (Lebensmittelgesetz, LMG), die Verordnung über Lebensmittel- und Gebrauchsgegenstände (LGV), die Verordnung über Gegenstände für den Schleimhaut-, Haut- und Haarkontakt sowie über Kerzen, Streichhölzer, Feuerzeuge und Scherzartikel.

Ihre Meinung ist gefragt!
Sind Sie von internationalen Normen rund um Menstruationsprodukte betroffen und wollen Ihre Meinung zur möglichen Gründung des ISO-Normenkomitees «Menstruationsprodukte» äussern? Die Schweizerische Normen-Vereinigung (SNV) vertritt bei der ISO die Interessen ihrer Mitglieder und der Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft. Die SNV wird die verschiedenen Meinungen der unterschiedlichen Anspruchsgruppen konsolidieren und bei ISO über den Vorschlag zur Gründung dieses neuen technischen Komitees abstimmen. Sie kennen Normen oder Branchenstandards, welche in die künftigen ISO-Normen rund um Menstruationsprodukte einfliessen sollten? Dann kontaktieren Sie uns.

Ihr Ansprechpartner für weitere Informationen:
, Tel: +41 52 224 54 54

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Normen werden von Expertinnen und Experten aus der Wirtschaft, Gesellschaft und Forschung geschrieben. Die Schweizerische Normen-Vereinigung (SNV), die europäische Normenorganisation CEN-CENELEC sowie die international tätige Normenorganisation ISO bilden ein Netzwerk aus Expertinnen und Experten, die gemeinsam Normen, nach den Regeln dieser anerkannten Normenorganisationen, entwickeln. Organisationen und Firmen können sich an der nationalen und internationalen Normung beteiligen und ihren Standpunkt einbringen. Über eine Mitgliedschaft bei der Schweizerischen Normen-Vereinigung (SNV) erhalten Sie Zugang zu den Normengremien der international tätigen Normenorganisation ISO und der europäischen Normenorganisation CEN-CENELEC.

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