SNV-Story #7: Normen entlang des gesamten Lebenszyklus

Er studierte Medizintechnik an der Höheren Fachschule für Medizintechnik in Sarnen, wählte das Thema Qualitätsmanagement für seine Diplomarbeit und arbeitet seit Kurzem als Committee Manager bei der SNV. Peter Bodika nimmt uns mit in das «Normungs-Spannungsfeld» zwischen Ausbildung und Praxis.

Auf der Schulbank

Medizinrecht als Türöffner
Begonnen hat alles im 5. Semester, als das Thema Medizinrecht und damit verknüpft auch die Normen auf dem Lehrplan standen. Die Dozentin: eine Juristin mit einem sehr breiten Wissenshorizont und ansteckender Begeisterungsfähigkeit. Der Student: Jemand, der Regeln mag und einen Sinn für das grosse Ganze mitbringt. Wöchentlich stehen bis zu drei Lektionen Medizinrecht auf dem Plan und zum ersten Mal kommt Peter Bodika so mit Normen und deren Entstehungsprozess in Kontakt. Einführend wurde das Elektronische Patientendossier EPD behandelt. Weiter ging es mit Normen und Rangordnungen von ZGB und OR oder dem Konformitätsabkommen zwischen der Schweiz und der EU. Es wurde in Szenarien gedacht und gelernt, wodurch der Aktualitätsbezug nie zu kurz kam. Die Frage, welche Entwicklung in den bilateralen Verhandlungen welche möglichen Folgen auf die Schweizer MedTech-Branche haben kann, lag stets auf dem Tisch. Dadurch gestaltete sich der Unterricht spannender, Inhalte wurden greifbarer.

Mehr als nur Technik
Obwohl das Wort «Technik» im Berufsbild steht, beschränkt sich das vermittelte Wissen nicht nur darauf. Denn ohne Normungswissen kann die Medizintechnikerin oder der Medizintechniker seinen Beruf später unmöglich ausüben. Normen spielen in der täglichen Handhabung der medizinischen Instrumente die entscheidende Rolle. Schwerpunktmässig drehten sich die Lerninhalte um diese drei Gebiete:

  • SN EN 62353 (Instandhaltung): Diese Norm dient der Beurteilung der Sicherheit von medizinischen Produkten vor der Inbetriebnahme, bei Instandhaltung, Inspektion, Wartung und nach einer Instandsetzung oder anlässlich von Wiederholungsprüfungen.
  • SN EN 60601-1 (Herstellernorm): Diese Norm richtet sich in der Entwicklungs- und Fertigungsphase an die Hersteller und definiert die Anforderungen an die Sicherheit und an die Ergonomie von Medizingeräten.
  • SN EN ISO 14971 (Risikomanagement): Diese Norm umfasst die Risikoanalyse, die Risikobewertung und die Risikobeherrschung in Bezug auf Medizinprodukte.

Auch im Rahmen des Heilmittelgesetzes (HMG) und der Medizinische Produkte Verordnung (MepV) spielen diverse Normen entlang des Lebenszyklus eines Medizinproduktes eine zentrale Rolle. Von dem Moment an, wo die Medizintechnikerin oder der Medizintechniker ein medizinisches Produkt in den Händen hält, bis zu dem Moment, wo ein solches entsorgt oder wieder aufbereitet wird, begleiten Normen die Berufstätigen auf Schritt und Tritt. Abschliessend zur Schulzeit betont Peter Bodika «Mich hat die Schule sehr weitergebracht. So lernte ich das hochtechnische Wissen aus den beiden Welten der Medizin und der Technologie. Ich konnte mich in eine Branche vertiefen, die stark in Bewegung ist und eine hohe Innovationskraft aufweist.»

Brücke zwischen Theorie und Praxis

Eine Diplomarbeit zum Thema Qualitätsmanagement
Sie ist für jeden ein Bestandteil am Ende der Ausbildung: die Diplomarbeit. Für Peter Bodika war klar, dass er diese zum Thema Qualitätsmanagement und in einer praxisnahen Umgebung schreiben würde. Nicht nur der Normenunterricht, sondern auch die Gespräche mit Kommilitonen auf dem Campus haben ihn darin bestärkt, dass Qualitätsmanagement in Zukunft noch relevanter wird. Er begann sich detailliert mit den Normen SN EN ISO 9001 und SN EN 62353 zu beschäftigen. Vor dieser Recherche war für ihn ein Normenexperte einfach gesagt jemand in einer Stabstelle, der Prozesse nachzeichnet. Dass diese Person jedoch einen vertieften Einblick in alle Abläufe und somit auch einen beträchtlichen Einfluss auf die Gestaltung und Optimierung derer hat, ist ihm erst in der Praxis bewusst geworden. «ISO 9001 ist für mich für ein Unternehmen von zentraler Bedeutung, damit es dank Qualitätsprodukten und -arbeit wettbewerbsfähig bleibt», betont Peter Bodika.

Ein Einblick mit Überraschungseffekt
Im Rahmen seiner Recherchearbeit ist Peter Bodika auf die SNV aufmerksam geworden. Mit der Unbeschwertheit eines Studenten hat er sich kurzum dort gemeldet und direkt Antwort erhalten. Die SNV bot ihm die Möglichkeit, seine Diplomarbeit an zwei Tagen vor Ort zu schreiben. Peter Bodika war überrascht, wie ihm die Normungsarbeit transparent und offen präsentiert wurde. «Ich habe mir vorgestellt, dass ich in einem Sitzungszimmer parkiert werde und dort Desk Research betreiben würde», erinnert sich Peter Bodika. «Weit gefehlt. Ich durfte den Mitarbeitenden bei allen Arbeiten über die Schultern schauen und meine Fragen auch persönlich mit der Geschäftsleitung erläutern. Ich war sehr beeindruckt über die Arbeit, das Team und die herzliche Aufnahme».

In der Normungspraxis angekommen

Nach zwei Monaten war die Diplomarbeit beendet, nicht aber die Zusammenarbeit. Im Gegenteil. Peter Bodika ist heute in seiner Rolle als Committee Manager fester Bestandteil des SNV-Teams. Er ist zuständig für das Management der Experten, organisiert den Dokumentenaustausch oder beaufsichtigt, dass Abstimmungen in den ihm zugeordneten Gremien korrekt gewährleistet werden. Die Arbeit ist sehr international und nicht nur auf das Normungsschaffen rund um die Medizin beschränkt.

Verhandlungen entscheiden über Firmenstandorte
Auch politische Verhandlungen beinhalten Potenzial für die Einführung und Umsetzung von Normen. Ein aktuelles Beispiel ist der freie Verkehr von Medizinprodukten zwischen der Schweiz und der EU. 19 Jahre lang hat das MRA (Mutual Recognition Agreement) diesen klar geregelt. Mit dem Abbruch der Verhandlungen des Rahmenabkommens 2021 ist die Aktualisierung des Kapitels über Medizinprodukte des MRA ausgesetzt worden. Die Aktualisierung ist notwendig, um die fortbestehende Gleichwertigkeit der beiden Rechtsordnungen festzuhalten und damit weiterhin die Teilnahme der Schweiz am Binnenmarkt der EU in diesem Bereich sicherzustellen.

Die Erleichterungen des MRA entfallen nun. Unter anderem braucht es für diese Produkte neu einen Bevollmächtigten in der EU sowie eine entsprechende Anpassung der Kennzeichnung der Produkte. Schweizer Produkte, welche in die EU exportiert werden, müssen nun die Anforderungen der MDR für Produkte aus Drittstaaten erfüllen, es sei denn, eine Filiale oder ein Tochterunternehmen im EU-Raum zeichnet sich verantwortlich für die CE-Kennzeichnung und die Inverkehrbringung der Produkte. Umgekehrt müssen EU-Produkte, welche in die Schweiz exportiert werden, vollständig die Anforderungen des Schweizer Rechts für Produkte aus Drittstaaten erfüllen.

Solche Zusammenhänge sind in der Praxis zentral, dafür fehlt im Lehrplan aber leider die Zeit. «Im Unterricht wird einem zu wenig bewusst, wie stark Entscheide den Alltag und die Überlebensfähigkeit von Firmen beeinflussen», konstatiert Peter Bodika.

Mehr Praxis für die Theorie

Bestens gerüstet für die Praxis
Peter Bodika ist überzeugt, dass ihm das vermittelte Wissen an der Höheren Fachschule einen optimalen Rucksack für den weiteren Berufsweg vermittelt hat. Und obwohl er seinen ersten Job nicht im erlernten Beruf gewählt hat, helfen ihm das Rechts- und Normenwissen enorm. Aus Gesprächen mit anderen Absolventen weiss er auch, dass sie mit dem Erlernten optimal für die Praxis gerüstet sind. Aktuell kann Peter Bodika keine Themenfelder identifizieren, die ihm in der Theorie nicht vermittelt wurden. Natürlich bedarf es einer langjährigen Berufserfahrung, um Theoretisches wirklich zu verinnerlichen und effektiv im Alltag umzusetzen. Nichtsdestotrotz sieht er Potenzial, wie der Unterricht noch lebendiger sowie praxisnaher gestaltet werden kann.

Und trotzdem geht da noch was
«Ich sehe grosses Potenzial in der Zusammenarbeit von Schule, Unternehmen, SNV und Swissmedic. Realistische Fallarbeiten in einer Projektgruppe schaffen einen grossen Mehrwert für die Studierenden, ermöglichen Firmen einen wertvollen Schulterblick und helfen Probleme sowie Chancen der Branche besser zu verstehen. Ich sehe es als eine Art Booster für die Unternehmen. Qualitätsmanagement ist ein zukunftsorientiertes und erfolgsrelevantes Thema. Erfahren die Studierenden bereits während der Ausbildung wie strategisch und zugleich pragmatisch das Berufsbild des Qualitätsmanagers ist, entscheiden sie sich sicher vermehrt für diese Zukunftschance». Peter Bodika hat sich selbst versprochen «Wenn ich umfassendes Praxiswissen gesammelt habe, werde ich eines Tages vor einer Klasse von Medizintechnikern stehen und sie die faszinierenden Möglichkeiten von Normen erfahren lassen».

Peter Bodika ist Medizintechniker und arbeitet seit Juni 2022 als Committee Manager bei der SNV. Der Titel seiner Diplomarbeit lautete «Qualitätsmanagementsystem QMS. SN EN ISO 9001 im Unternehmen einführen und nach SN EN 62353 Instandhaltung durchführen.»

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