SNV-Story #4: Verein Gütesiegel für Präservative

Kondome mit dem «OK-Gütesiegel» erfüllen die internationale Norm für Präservative

Das Corona-Jahr hat uns deutlich gezeigt, dass Entwicklungen manchmal von aussenstehenden Kräften initiiert werden und anschliessend nicht mehr wegzudenken sind. So hat beispielsweise die Digitalisierung innerhalb des Ausnahmezustands viel schneller als erwartet Einzug gehalten. Eine ähnliche Geschichte kennt das Qualitätsbewusstsein für Präservative, das auf eine Virus-Pandemie zurückzuführen ist. Wir laden Sie auf eine kleine Zeitreise mit Dr. Johannes Gauglhofer, dem Verantwortlichen für die Abwicklung der Qualitätsprüfungen beim «Verein Gütesiegel für Präservative» ein.

Dr. Johannes Gauglhofer ist ein Pionier auf dem Gebiet der Qualitätssicherstellung von Präservativen. «Als die Jünger der sexuellen Revolution in den 70er Jahren sich und ihre Sexualität ausprobierten, war noch nicht die Rede von guten oder schlechten Präservativen. Eigentlich sprach in der Schweiz wie auch anderswo niemand darüber: Männer mieden sie tunlichst und nur wenige Frauen bestanden wegen der Verhütung darauf – sofern sie sich das trauten», so Johannes Gauglhofer.

Die schwächste Stelle finden
Ende der 70er Jahre wollte ein dänischer Geschäftsmann Kondome auf den Schweizer Markt bringen. Da in seiner Heimat die Gummis einer Materialprüfung unterzogen wurden, kontaktierte er die EMPA, die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, in St. Gallen. Johannes Gauglhofer leitete damals die Abteilung Leder und Schuhe und begann auf dem bis dahin in der Schweiz unbekannten Terrain zu recherchieren. Er stiess auf die schwedische Prüfmethode, die Kondome maschinell aufblasen liess und systematisch zum Platzen brachten.

«Die sogenannte Berstprüfung findet unbeschönigt die schwächste Stelle der Gummis – nämlich immer dort, wo das Material zu dünn ist oder ein Loch die Schutzfunktion zunichtemacht», erklärt Gauglhofer. Es wurde eine entsprechende Maschine entwickelt und die Schweizer Prüfer legten die Prüfanforderungen fest. «Wir bestimmten das sogenannte Berstvolumen, indem wir mit der Stoppuhr in der Hand erschraken, wenn ein Pariser platzte. Dass wir trotz der abenteuerlichen Messmethoden in der Schweiz eine katastrophale Präservativ-Qualität aufdeckten, störte niemand. Das Präservativ war zu der Zeit kein Kassenschlager», schmunzelt Gauglhofer.

Und plötzlich waren Polo Hofer und «Dr Gummi Song» in aller Munde
In den 80er Jahren änderte sich die Situation schlagartig. Mit dem Aufkommen von Aids wurde plötzlich die Relevanz von reissfesten Kondomen für die Prävention von sexuell übertragbaren Krankheiten erkannt: ein Loch im Gummi oder – noch schlimmer – ein platzender Gummi wurden zum Todesurteil. Aufklärungskampagnen des Bundes, unter anderem mit dem bis heute bekannten «Gummi-Song» schlechthin, trugen dazu bei, dass Präservative massentauglich wurden.

Die Stiftung Konsumentenschutz liess diese nun bei der EMPA testen, wo das Präservativprüfgerät jetzt richtig zum Einsatz kam. Die Resultate waren erneut ungenügend. Nur zwei Anbieter erfüllten die Anforderungen. Was gegenüber der ersten Testreihe anders war, war die Empörung über die Resultate. Auch das Bundesamt für Gesundheit schaltete sich ein. Man debattierte über gesetzliche Anforderungen, die als unerlaubte Handelshemmnisse für Importe eingestuft wurden.

Das wiederum wurde die Geburtsstunde des «Vereins Gütesiegel für Präservative». Dieser vergibt das bis heute schweizweit bekannte «OK-Gütesiegel» nur an Produkte, die die Labortests bestehen und die strengen Anforderungen erfüllen.

OK-Präservative sind die sichersten
Obwohl es heute für Präservative die harmonisierte internationale Norm für Präservative (SN EN ISO 4074:2016 - Kondome aus Naturkautschuklatex - Anforderungen und Prüfverfahren ) gibt, ist der «Verein Gütesiegel für Präservative» mit dem «OK-Gütesiegel» weiterhin sehr aktiv und stellt bezüglich Berstprüfung hohe Anforderungen. «Die totale Sicherheit gibt es nicht», ist Johannes Gauglhofer überzeugt, «dennoch sind die Gummis mit dem OK-Zeichen die sichersten auf dem Markt». Das Siegel ist eine wichtige Auszeichnung für die Hersteller und schafft bei den Konsumentinnen und Konsumenten grosses Vertrauen. Die zu prüfenden Präservative werden in vier Instituten in verschiedenen Ländern geprüft. Hersteller wissen, dass der Schweizer Markt ohne OK-Siegel nicht zu erobern ist. Wer einmal mit dem Siegel ausgezeichnet wurde, hat es jedoch nicht auf sicher. Die entsprechenden Produkte unterliegen regelmässigen Tests, bei denen unter anderem auch jede Produktionseinheit im Labor geprüft wird. Die Präservative von heute haben zum Glück mit der Mangelware von anno dazumal nichts mehr gemeinsam.

Das Siegel ist eine wichtige Auszeichnung für die Hersteller und schafft bei den Konsumentinnen und Konsumenten Orientierung.

«OK-Gütesiegel»

Das Siegel ist eine wichtige Auszeichnung für die Hersteller und schafft bei den Konsumentinnen und Konsumenten Orientierung.

Der Verein Gütesiegel für Präservative

Der «Verein Gütesiegel für Präservative» wurde 1989 gegründet, um die Qualität von Präservativen zu sichern. Der Verein vergibt das «OK-Gütesiegel», mit dem geprüfte Präservative ausgezeichnet werden. Kondome mit dem «OK-Gütesiegel» erfüllen die internationale Norm für Präservative (SN EN ISO 4074:2016). Dies ist die Voraussetzung dafür, dass sich die Hersteller für das «OK-Gütesiegel» bewerben können und damit sie ihre Präservative in die Schweiz importieren dürfen.

Zusätzlich müssen sie die strengeren Anforderungen des Vereins Gütesiegel für Präservative erfüllen: Jede einzelne Produktionseinheit wird vor der Freigabe für den Verkauf von einem unabhängigen Labor getestet. Dabei müssen die Kondome einen strengeren Bersttest bestehen. Der Verein überwacht die Einhaltung der Vorschriften im Markt durch häufige Stichproben und Tests.

Heute gehören dem Verein Gütesiegel für Präservative folgende Mitglieder an:
Aids-Hilfe Schweiz (AHS), Fédération Romande des Consommateurs (FRC) und SEXUELLE GESUNDHEIT SCHWEIZ

Meilensteine der Qualitätsprüfung für Präservative

  • 1977 Erste Materialprüfungen an der EMPA (Eidg. Materialprüfungs- und Forschungsanstalt)
  • 1985 Anfragen von Konsumentenorganisationen wegen Aids
  • 1986 Die Stiftung für Konsumentenschutz publiziert einen vergleichenden Test
  • 1989 Die Schweizer Norm für Präservative aus Gummi ist verfügbar. Deren Umsetzung ist für Firmen freiwillig
  • 1989 Gründung des Vereins Gütesiegel für Präservative durch Konsumentenorganisationen, die Aids-Hilfe Schweiz und das Bundesamt für Gesundheit
  • 1990 Kreation des «OK-Gütesiegel» für Präservative
  • 1995 Schweizer Präservativverordnung
  • 1996 Europäische Norm EN 600 «Kondome aus Naturkautschuklatex für Männer»
  • 1996 Die Europäische Norm wird von der Schweiz übernommen und erhält via Medizinprodukteverordnung Gesetzeskraft
  • 2009 20 Jahre Verein Gütesiegel für Präservative: etwa 90% der rund 30 Millionen jährlich in der Schweiz verkauften Kondome tragen das «OK-Gütesiegel»
  • 2016 Die harmonisierte Norm SN EN ISO 4074 ersetzt die EN 600 und hat damit via Medizinprodukteverordnung auch in der Schweiz Gesetzeskraft

Quelle: www.guetesiegel.ch

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