31.01.2022 // General news, New standards and products

Bei Logistikfragen am Ball bleiben

von Barbara Guder

In der Schweiz verzeichnete die Post letztes Jahr einen Allzeitrekord bei der Paketmenge. Massgeblich dafür verantwortlich war der stetig zunehmende Onlinehandel. Dieser wächst nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit. Der Einzelhandel im Onlineformat ist ein florierendes, aber komplexes Unterfangen. Um das Wachstum im Onlinehandel mit all seinen Facetten nutzen zu können, muss auch die Logistikbranche am Ball bleiben.

Bei der Logistik im Onlinehandel geht es darum, Produkte von einem Onlineshop an die Adresse des Kunden zu transportieren. Ebenso gehört die durchgängige Verwaltung des Artikelbestandes während der Kommissionierung, Verpackung und Lieferung dazu. Hongru Zhu weiss alles über die Bedeutung der Logistik beim chinesischen Technologie- und E-Commerce-Konzern Alibaba. Als Vorstand der Normungsabteilung der Alibaba-Gruppe ist Zhu der Meinung: Die Effizienz der Logistik muss dringend durch die Normung unterstützt werden. «Ein durchgängiger Datenfluss ist wichtig, damit Logistikpartner Informationen teilen können», erklärt sie. «Denn schlussendlich sind der Aufbau von intelligenten weltweiten Versorgungsketten, das Teilen von Logistikinformationen und eine Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg nur möglich, wenn es Normen gibt.»

Dank des heutigen intelligenten globalen Logistiknetzes können Verbraucherinnen und Verbraucher überall Produkte online kaufen und in Echtzeit mitverfolgen, wo ihr Paket gerade ist. Solche Systeme machen es einfacher, überall auf der Welt einzukaufen, und ermöglichen den grenzübergreifenden Informationsfluss. Das wiederrum gibt der Käuferin oder dem Käufer Sicherheit.

«Echtzeit-Transparenz» in der Logistik
Um die globale Versorgung mit Gütern weiterhin zu gewährleisten, muss die Logistikbranche weiter optimiert und noch effizienter gestaltet werden. Kein leichtes Unterfangen, wenn man die Komplexität berücksichtigt. Ein ganzheitlicher Blick auf die Branche hilft, die Verwaltung zu optimieren und die Kosten für diese komplexen und immer grösser werdenden globalen Versorgungsnetze zu senken. Jeder muss stets einsehen können, wo sich die Lieferung gerade befindet: vom Logistik-Dienstleister über die Transporteure bis hin zur Kundschaft. Und genau dabei können Normen helfen. Normen bedeuten Echtzeit-Transparenz, vom Anfang bis zum Ende der gesamten Versorgungskette. Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher wissen zu jedem Zeitpunkt genau, wo die Produkte sind, wo sie waren und warum.

Elektronische Plattformen wie Hafeninformationssysteme (Port Community System, PCS) oder Luftfrachtinformationssysteme (Cargo Community System, CCS) sind das Herzstück eines intelligenten Logistiknetzwerkes. Sie ermöglichen einen reibungslosen Handel, verlässliche Benachrichtigungen und wo immer möglich, die Wiederverwendung von Daten. Dies bedeutet für die beteiligten Logistikpartner, dass sie Daten nur einmal eingeben müssen.

Die regionalen Logistikinformationssysteme (z. B. PCS oder CCS) bieten derzeit nur Informationen über die Hauptlogistikkette – beispielsweise Häfen oder Fluglinien. Aber diese Technologie müsste auch von kleineren Hauptakteuren in der Logistikbranche verwendet werden können. Hinzu kommt, dass noch immer viele Probleme beim Teilen von Information zwischen verschiedenen Systemen auftreten.

ISO 23354 – Komplexität abbauen
Bei solchen vernetzten Strukturen ist ein Abbau der Komplexität nur durch Normen möglich. Für Hongru Zhu von Alibaba, die einstige Leiterin des technischen ISO-Komitees ISO/TC 154 «Processes, data elements and documents in commerce, industry and administration», welches sich mit der Normung des Datenaustauschs im weltweiten Handel beschäftigt, sind die Vorteile der ISO-Normen im Bereich Logistik ganz klar: «Durch die ISO-Normen werden Handelsbarrieren überwunden, Logistikprozesse verbessert und eine gemeinsame Sprache für alle Marktbeteiligten geschaffen.»

Die Norm ISO 23354 «Business requirements for end-to-end visibility of logistics flow» versucht den Datenaustausch effizienter zu gestalten. Sie basiert auf einem semantischen Datenmodell des Zentrums der Vereinten Nationen für Handelserleichterung und elektronische Geschäftsprozesse (UN/CEFACT), genauer gesagt auf dem multimodalen Transport-Referenzdatenmodell (MMT-RDM). Es wurde entworfen, um die Kosten für die Schnittstellen zwischen Logistikinformationssystemen (LISS) und Benutzern, welche die Logistikinformationen benötigen, zu reduzieren.

«Was bei dieser Norm so grossartig ist», erzählt Zhu, «ist, dass die Benutzer in der Lage sind, je nach Zugriffsebene, Daten von verschiedenen Hafeninformationssystemen über dieselbe standardisierte Schnittstelle zu erhalten.» In der Praxis ist es schwierig, einen Datenfluss von Anfang bis Ende herzustellen, da verschiedene, miteinander nicht kompatible technische Lösungen und Datenformate von den verschiedenen regionalen Logistikinformationssystemen zur Verfügung gestellt werden.

Entwurf ISO 23355 – Datenfluss ermöglichen
Transparenz auf dem Gebiet Logistik muss effizient und kostengünstig sein. Daher fordert man bei Logistikinformationssystemen stetig mehr nützliche, normierte Ereignisstatusdaten für verschiedene Datennutzer. Zusätzlich sollten Datennutzer über einheitliche Schnittstellen auf verschiedene PCS-Systeme zugreifen können.

Und genau da setzt die ISO 23355 «Visibility data interchange between logistics information service providers» an. Bei künftigen Normen wird darauf geachtet, Datenverbindungen zwischen LISS-Netzwerken so einzurichten, dass die Anforderungen unterschiedlicher Datenlieferanten und Benutzerinnen und Benutzer erfüllt werden. Diese Norm basiert ausserdem auf dem MMT-RDM des UN/CEFACT und wurde so gestaltet, dass sie von Logistikinformationslieferanten wie PCS, CCS oder Transportsystemen eingesetzt werden kann. Die Transportbehörden und Transportdatennutzer können diese Norm daher verwenden, um den Transportfluss zu verfolgen und ihre Leistungen zu optimieren.

«Die Kosten für die Einrichtung eines Zugangs sollten durch normierte Schnittstellen reduziert werden. Dazu kommt, dass Logistikinformationssysteme die wichtigen Daten kostengünstiger anbieten sollten, um das Benutzererlebnis zu verbessern», meint Zhu. «Auf diesem Weg können Missverständnisse bei den Dateninformationen reduziert werden.» Eine gängige Lösung stellt hier das kontrollierte und sichere Zurverfügungstellen und Teilen von Echtzeit-Information für Stakeholder auf der ganzen Welt dar. Daher verwenden moderne Unternehmen zur Unterstützung ISO-Normen.

Laut Zhu wurden die Normen ISO 23354 und ISO 23355 mit Hilfe von Branchenlösungen ausgearbeitet. Die Grundlage für diese Normen basiert auf bewährten Verfahren für die Transparenz beim Datenaustausch innerhalb der Branche und wurde vom UN/CEFACT, Mitgliedern des Northeast Asia Logistics Information Service Network (NEAL-NET), der International Port Community Systems Association (IPCSA) und der National Public Information Platform for Transportation and Logistics (LOGINK) in China gemeinschaftlich entwickelt. Parallel dazu wird der freie Datenfluss auch durch eine IPCSA-Initiative – das Projekt Network of Trusted Networks – unterstützt, um so grenzübergreifende Verträge und Gebührenverhandlungen einfacher zu gestalten.

Entwurf EN 17837 - Ökologische Fussabdruck von Paketlieferungen
So angenehm die Lieferung vor die eigene Haustür für Konsumentinnen und Konsumenten sein mag, es stellt sich die Frage, inwieweit Online-Einkaufen der Umwelt schadet. Gerade die letzten Kilometer, im Fachjargon «the last mile», verursachen aufs Transportfahrzeug runtergebrochen mehr Emissionen und Stau als der Transport zu den Verteilzentren. Manche Online-Händler bieten der Kundschaft die Möglichkeit den Klima-Fussabdruck ihrer Einkäufe zu kompensieren. Wie so oft im Bereich der Klima-Kompensation fragt man sich, wie diese berechnet wird. Bei der europäischen Normenorganisation arbeiten die Expertinnen und Experten des Normenkomitees CEN/TC 331 «Postal service» an einer Norm, welche eine einheitliche Methodik für die Berechnung und Deklaration von direkten und indirekten Treibhausgas- (THG) und Luftschadstoffemissionen im Zusammenhang mit einem Paketzustelldienst festlegt. Dabei deckt die Norm die Emissionen ab, die mit den vor- und nachgelagerten Transportaktivitäten sowie mit den betrieblichen Aktivitäten für ein zuzustellendes Paket entstehen. Die SNV-Expertinnen und -Experten des nationalen Normenkomitees INB/NK 192 «Postalische Dienstleistungen» werden ab April 2022 über den europäischen Normenentwurf abstimmen können.

Die Zukunft der Logistik
Niemals waren die Nachwirkungen auf die gesamte Versorgungskette grösser als mit der COVID-19-Pandemie. Diese Zeit hat uns klargemacht, wie sehr wir Verbindungen brauchen und wie sehr wir von der Technologie abhängig sind, damit die Wirtschaft weiterhin funktionieren kann. Normen werden für Unternehmen eine grosse Hilfe darstellen, wenn diese ihr Geschäft ausweiten möchten. Es ist an der Zeit, dass unsere digitalen Versorgungsketten ihr volles Potenzial entfalten. Bei Logistikfragen auf dem Laufenden zu bleiben, war noch nie so entscheidend wie jetzt.

Your contact person for further information:
Barbara Guder, , Tel: +41 52 224 54 14

Ihr Mitwirken ist gefragt!
Möchten Sie bei der internationalen Entwicklung von Normen mitwirken? Durch die Teilnahme in den nationalen Normenkomitees INB/NK 149 «Informationstechnologie» und INB/NK 192 «Postalische Dienstleistungen» bringen Sie dank Informationsvorsprung gegenüber Mitbewerbern, Ihre Produkte und Dienstleistungen schneller auf den Markt. Als Komitee-Mitglied treffen Sie andere nationale Branchenexpertinnen und -experten und können neue Normenentwürfe mit diesen diskutieren. Zudem haben Sie die Möglichkeit, internationale Kontakte zu knüpfen.

Weitere Vorteile einer SNV-Mitgliedschaft: Mehr erfahren!

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