24.01.2020 // New standards and products

Die Bedeutung von Normen für private Sicherheitsdienstleister

«Die persönliche Sicherheit ist Grundvoraussetzung für das menschliche Wohlbefinden», Wolfram Manner, der Vorsitzende des SNV-Normenkomitees INB/NK 206 «Security»

Bei der Einlasskontrolle am Fussballspiel oder Konzert sind die meisten von uns bereits mit uniformierten Angestellten privater Sicherheitsdienste in Berührung gekommen. Spätestens bei der Suche nach potenziell gefährlichen Gegenständen und dem damit verbundenen Abtasten, fragt sich manche Person: «Dürfen die das?!»

Hausrecht des Veranstalters
Die Antwort lautet ja, sofern die entsprechenden Vorschriften eingehalten werden. Fussballspiele und Konzerte werden meist von privatrechtlichen Veranstaltern organisiert. Daher gilt das Hausrecht des Veranstalters, das mit dem Kauf einer Eintrittskarte akzeptiert wurde. Somit kann der Veranstalter bestimmen, dass die Suche nach gefährlichen Gegenständen aus Sicherheitsgründen notwendig ist. Natürlich haben sich auch die Veranstalter und Sicherheitsleute an Grundrechte zu halten, wie beispielsweise das Diskriminierungsverbot usw.

Eingeschränkte Befugnisse auf öffentlichem Grund
Komplizierter wird die Situation, wenn private Sicherheitsleute Aufgaben auf öffentlichem Grund wahrnehmen. Viele Gemeinden mandatieren diverse kommunale Aufgaben an private Sicherheitsdienstleister. Haben früher Polizistinnen und Polizisten Jugendliche zur späten Stunde vom Schulhaus weggewiesen, fällt diese Aufgabe nun Angestellten von Sicherheitsunternehmen zu. Dabei ist die Wegweisung aus dem öffentlichen Raum eigentlich eine Aufgabe der Polizei (Regelung kantonale Polizeigesetzgebung). Angestellte von Sicherheitsunternehmen müssen zur korrekten Ausübung ihrer Tätigkeiten nicht nur über rechtliche Aspekte Bescheid wissen, sie brauchen auch eine hohe Sozialkompetenz und viel Verhandlungsgeschick, gerade weil sie weniger Befugnisse haben als die Polizei.

Bewachen von kritischen Infrastrukturen
Ein paar Schuhnummern grösser, als für Ruhe und Ordnung in der Gemeinde zu sorgen, ist das Bewachen von kritischen Infrastrukturen wie Flughäfen, Bahnhöfe oder Energiewerke, unter anderem Atomkraftwerke. Personal, welches mit dem Schutz solcher Anlagen betraut wird, muss gewisse Mindestanforderungen erfüllen.

Berufsprüfung mit eidgenössischem Fachausweis vom VSSU
In der Schweiz existiert keine durch Bundesgesetze vorgeschriebene berufliche Grundbildung im privaten Sicherheitsbereich. Allerdings bestehen in den verschiedenen Kantonen durch kantonale Polizeigesetze mehr oder weniger detaillierte und restriktive Vorschriften. Einzelne Kantone haben sogar gar keine entsprechenden Vorschriften.
Jedoch kann mittels Berufsprüfung ein eidgenössischer Fachausweis als Sicherheitsfachmann/Sicherheitsfachfrau mit Schwerpunkt Bewachung, Personenschutz, Anlässe oder Zentraldienste erworben werden. Für die Zulassung zur Prüfung ist neben einem tadellosen Strafregisterauszug auch Berufspraxis im jeweiligen Spezialgebiet gefordert. Alle Sicherheitsfachleute werden in den Grundfächern Branchenkunde, Recht und Sozialkompetenz getestet. Hinzu kommen die Prüfungen über bereichsspezifische Themen sowie ein realitätsnaher Praxistest. Diese Prüfungen werden seit fast 20 Jahren vom Verband Schweizerischer Sicherheitsdienstleistungsunternehmen (VSSU) durchgeführt.

Normen springen in Lücke
Wolfram Manner, der Vorsitzende vom SNV-Normenkomitee INB/NK 206 «Security» betont die Wichtigkeit von Normen, wenn die nationale Reglementierung am Föderalismus scheitert: «Normen machen dort besonders Sinn, wo keine oder ungenügende behördliche Vorschriften vorhanden sind, die den Kunden bei fehlenden Fach- bzw. Branchenkenntnissen eine korrekte Beurteilung der verschiedenen Angebote und Leistungen in Bezug der eigenen Bedürfnisse erlauben. Die persönliche Sicherheit ist Grundvoraussetzung für das menschliche Wohlbefinden wie Essen und Trinken, ebenso die unternehmerische Sicherheit für den Erfolg im Wettbewerb und das Weiterbestehen des Unternehmens.»

Unterschätzte Gefahren und deren Folgen
Privatpersonen und KMU’s unterschätzen Gefahren gelegentlich und das böse Erwachen kommt erst nach dem Schadenfall, der die persönliche Situation bzw. die Existenz des Betriebs erheblich gefährden kann.
Grossbetriebe nehmen einen Schaden gelegentlich in Kauf, weil dies günstiger ist, als ein umfassender präventiver Schutz. Bei dieser Überlegung wird häufig die Berücksichtigung des nachträglichen Schadens durch längeren Produktionsausfall, Kunden-, Image- oder Knowhow-Verlust unterschätzt.

Erste Norm für Flughafen- und Luftsicherheitsdienstleistungen im 2011
Auf europäischer Ebene wurde das Thema Dienstleistungsanforderungen an private Sicherheitsdienstleister für die Zivilluftfahrt bereits 2009 aufgenommen, 2011 erschien die entsprechende Norm. Herr Manner führt die Hintergründe zur Entstehung dieser Norm, der SN EN 16082, aus: «Veranlassung für die Norm in der Zivilluftfahrt waren die tragischen Vorfälle um die Zerstörung der Twintowers in New York vom 11. September 2001 («Nine-Eleven»), bei denen durch vier koordinierte Flugzeugentführungen mit anschliessenden Selbstmordattentaten diverse zivile und militärische Gebäude zerstört sowie rund 3'000 Menschen ums Leben kamen. Darauffolgend entstand das Bedürfnis, die Kontrollen der Flugpassagiere auf den Flughäfen erheblich zu verstärken. Da in den meisten Ländern diese Kontrollen von privaten Sicherheitsdienstleistern durchgeführt werden (Ausnahme Zürich), erhielten nur noch diejenigen Unternehmen den Kontrollauftrag auf den Flughäfen, welche die Norm SN EN 16082 erfüllten. Die europäische Norm SN EN 16082 legt Dienstleistungsanforderungen an die Qualität von Organisationen, Prozessen, Personal und die Verwaltung von Sicherheitsdienstleistern für die Zivilluftfahrt fest.»

Sicherheitsnorm für Seeschifffahrt und Seehäfen
Eine ähnliche Norm mit dem Anwendungsgebiet Seeschifffahrt und Seehäfen ist die SN EN 16747 , herausgegeben im Jahr 2015. Beide Normen beschreiben die Anforderungen an Anbieter von Sicherheitsdienstleistungen in einem spezifischen Sektor, enthalten aber auch diverse, universell anwendbare Anforderungen an Sicherheitsdienstleister. So werden in beiden Normen auch die allgemeinen Themen wie Qualität der Organisation des Dienstleisters, des Personals sowie der Aufträge behandelt. Die Norm verlangt zudem den Nachweis der einwandfreien Geschichte hinsichtlich ähnlicher Tätigkeiten von Eigentümer, Vorstandsmitgliedern und dem Management eines Sicherheitsdienstleistungsanbieters.
Für ein einheitliches Verständnis der Terminologie sorgt die SN EN 15602 , herausgegeben im Jahr 2008. Es werden Begriffe wie Alarmverfolgung, Kontrollbehörde oder Zusatzausbildung erläutert.

Expertinnen und Experten gesucht: Mitwirkung an der Norm «Protection of Critical Infrastructure»
Aktuell laufen auf europäischer Ebene bei ISO und CEN die Arbeiten für eine Norm «Protection of Critical Infrastructure». Die Mitarbeit dazu ist noch immer möglich.
Auf die Frage, warum sich interessierte Kreise an der Erarbeitung dieser Norm beteiligen sollen, antwortet Herr Manner: «Man darf davon ausgehen, dass eine Norm im Sinn einer Checkliste von interessierten Kunden als Grundlage für die Ausschreibung und Vergabe von benötigten Sicherheitsdienstleistungen (Bund, Kantone, Städte, Gemeinden, Unternehmen, usw.) herangezogen wird. Besonders wenn es um kritische Infrastrukturen geht, wie oben erwähnt, bei denen das Gefahren- und Schadenspotenzial für die Bevölkerung, wichtige Einrichtungen oder sogar für einen grossen Teil der Wirtschaft erheblich ist. Eine gute Norm ist besser als ein ungenügendes oder unkontrollierbares Gesetz. Die Ausarbeitung basiert auf den Erfahrungen, Erkenntnissen und Verbesserungsvorschlägen der beteiligten Experten aus dem betreffenden Fachgebiet. Es geht also nicht um gesetzliche Verbote, sondern um die Optimierung der Qualität. Die Norm liefert dazu die entsprechenden Prozesse und Empfehlungen. Diese Investition lohnt sich für ein Sicherheitsunternehmen nicht nur durch eine mögliche Teilnahme im Wettbewerb, sondern schliesslich auch in der innerbetrieblichen Effizienz der Dienstleistungen – und somit auch finanziell. Wären alle Passagiere der vier bei Nine-Eleven beteiligten Flugzeuge nach heutigen Normen kontrolliert worden, hätten die Attentate nicht stattfinden können.»

Your contact person for further information:
, Tel: +41 52 224 54 54

Diese Normen im SNV-Onlineshop bestellen:
SN EN 16082:2011 (in deutscher, französischer und englischer Sprache)
SN EN 16747:2015 (in deutscher, französischer und englischer Sprache)
SN EN 15602:2008 (in deutscher, französischer und englischer Sprache)

Ihr Mitwirken ist gefragt:
Möchten Sie bei der internationalen Entwicklung von Normen mitwirken? Durch die Teilnahme im nationalen Normenkomitee INB/NK 206 «Security» bringen Sie Ihre Produkte und Dienstleistungen schneller auf den Markt dank Informationsvorsprung gegenüber Mitbewerbern. Als Komitee-Mitglied treffen Sie andere nationale Branchenexperten und können neue Normenentwürfe mit diesen diskutieren. Zudem haben Sie die Möglichkeit, internationale Kontakte zu knüpfen.

Weitere Vorteile einer SNV-Mitgliedschaft: Mehr erfahren!

Your contact person for a SNV-Membership:
Birgit Kupferschmid, , Tel: +41 52 224 54 18

to the news overview

Please calculate 9 plus 3.

All your data will be treated as strictly confidential and will only be used for the purposes of answering your query. For details on how your data will be processed, please refer to our Privacy Statement.

Back to top
Languages available